Cholesterin 2025 – Wo steht die Wissenschaft?

Ein fundierter Überblick zum Stand der Wissenschaft 2025.

Ein Mann isst einen Burger

Auch im Jahr 2025 bleibt Cholesterin ein zentrales Thema der Herz‑Kreislauf‑Forschung. Das „schlechte“ LDL‑Cholesterin ist seit Jahrzehnten als Haupttreiber der Atherosklerose belegt, während das „gute“ HDL lange als Schutzfaktor galt. Inzwischen zeigt sich ein komplexeres Bild: Extrem hohe HDL‑Spiegel können paradox mit einer höheren Sterblichkeit einhergehen, wie große Kohortenanalysen 2024 nahelegen. Parallel rückt Lipoprotein(a) in den Fokus. Dieses genetisch bestimmte LDL‑ähnliche Partikel gilt heute als eigenständiger Risikofaktor, dessen Konzentration sich mit klassischen Lebensstilmassnahmen kaum beeinflussen lässt. Neuartige RNA‑Therapien versprechen hier erstmals wirksame Optionen – mehr dazu unten.

Scharfe Leitlinien, ehrgeizige Ziele

Die aktuellen Empfehlungen zeigen eine klare Tendenz: „Je niedriger, desto besser.“ Die europäische ESC/EAS‑Guideline von 2023 fordert bei sehr hohem Risiko ein LDL‑Ziel unter 40 mg/dl, Hochrisiko‑Patientinnen und ‑Patienten sollen < 55 mg/dl erreichen. In den USA verweist ein Kommentar zur ACC/AHA‑Leitlinie 2025 auf denselben Grundsatz und plädiert dafür, bereits ab 55 mg/dl eine Intensivtherapie zu erwägen. Trotz dieser klaren Botschaft bleibt der Versorgungsalltag eine Herausforderung: Erhebungen zeigen, dass rund 80 Prozent der Hochrisikopopulation ihre Ziele nicht erreichen. Ursächlich sind therapeutische Lücken, aber auch mangelnde Adhärenz und Unter­schätzungen des Risikos.

Therapeutischer Fortschritt von Statin bis Gen‑Editing

Statine bilden nach wie vor das Rückgrat jeder Lipidtherapie, doch die Palette an Ergänzungen ist gewachsen. Seit 2023 steht Bempedoinsäure als orale Option für Statin‑intolerante Personen zur Verfügung; die CLEAR‑Outcomes‑Studie zeigte eine rund 13‑prozentige Reduktion schwerer kardiovaskulärer Ereignisse bei einer LDL‑Senkung um gut 20 mg/dl. Biologika wie die PCSK9‑Antikörper Evolocumab oder Alirocumab senken LDL um bis zu 60 Prozent und haben in Langzeit­studien bis in Bereiche unter 30 mg/dl keine Sicherheitsrisiken offenbart. Noch komfortabler ist das Dosierschema des siRNA‑Präparats Inclisiran: Nach zwei Startinjektionen genügt eine Gabe alle sechs Monate. Die VICTORION‑Mono‑Studie bestätigte 2025 auch in der Primär­prävention eine stabile LDL‑Reduktion um etwa die Hälfte.

Für das schwer zu behandelnde Lp(a) bahnt sich mit Pelacarsen die erste gezielte Therapie an. In der laufenden Phase‑III‑Studie Lp(a)‑HORIZON reduziert der monatlich gespritzte Antisense‑Oligonukleotid Wirkstoff die Lp(a)‑Spiegel um mehr als 80 Prozent; Ergebnisse zu klinischen Ereignissen werden Ende 2025 erwartet.

Der Blick in die Zukunft reicht noch weiter: Erste Phase‑I‑Daten zu einem einmaligen CRISPR/Cas‑Eingriff gegen PCSK9 deuten auf eine dauerhafte LDL‑Senkung von über 90 Prozent hin – ein möglicher Paradigmen­wechsel, der jedoch noch Sicherheit und ethische Debatte erfordert. Parallel arbeiten Forscherteams an RNA‑Ansätzen gegen ANGPTL3 und APOC3, um schwere Hypertriglyzeridämien zu therapieren.

Lebensstil bleibt das Fundament – und der Ausblick

Trotz aller pharmakologischen Innovationen bleibt die Basistherapie unverzichtbar. Eine Meta­analyse in JAMA Network Open 2024 zeigt, dass eine mediterran geprägte, pflanzenbetonte Kost LDL, Gesamtcholesterin und ApoB bereits im Kindes­alter robust senken kann. Ergänzend belegen Daten der REDUCE‑IT‑Metaanalyse 2024, dass hoch­reines EPA das kardiovaskuläre Risiko selbst unabhängig von den Ausgangs­triglyzeriden um rund 25 Prozent reduziert. Bewegung, Rauchverzicht und Gewichts­management unterstützen die medikamentöse Therapie dabei, die multiplen Facetten des metabolischen Risikos zu adressieren.

Was bedeutet all das für Patientinnen und Patienten? Zunächst lohnt ein vollständiges Lipidprofil inklusive Lp(a) und ApoB, um das individuelle Risiko präzise einzuordnen. Anschliessend gilt es, gemeinsam mit Ärztin oder Arzt eine massgeschneiderte Kombination aus Lebensstil­massnahmen und gegebenenfalls medikamentösen Bausteinen zu wählen. Wer unter Statinen Nebenwirkungen verspürt, hat heute echte Alternativen. Wer genetisch bedingt sehr hohe Lp(a)‑Werte aufweist, darf auf bald verfügbare gezielte Therapien hoffen. Und wer die Arznei nicht regelmässig einnehmen möchte, profitiert vielleicht von halbjährlichen Injektionen.

Am Horizont zeichnen sich schliesslich Verfahren ab, die den Lipidstoffwechsel mit einem einzigen Eingriff dauerhaft modifizieren könnten. Bis dahin bleibt der entscheidende Schritt jedoch ein ganz klassischer: das Engagement für eine herzfreundliche Ernährung, regelmässige Bewegung und eine konsequente Umsetzung der verordneten Therapie. Denn Forschungserfolge entfalten ihre Wirkung erst dann, wenn sie den Weg vom Labor in den Alltag finden – und das beginnt bei jedem Einzelnen.