Hoher Blutdruck: Lebensstil, moderne Medikamente und neue Therapien

Blutdruck im Griff: Warum weniger Salz, mehr Bewegung und neue Therapien Ihr Herz schützen – und welche Medikamente jetzt Hoffnung machen

Modell eines Herzens

Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) ist eine der häufigsten Volkskrankheiten und zugleich ein „stiller Killer“: Unbehandelt steigert er das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und andere schwerwiegende Erkrankungen. Etwa jeder dritte Erwachsene hat zu hohe Blutdruckwerte, doch nur etwa die Hälfte wird ausreichend behandelt. Umso wichtiger ist es, den Blutdruck unter Kontrolle zu bringen. Neben bewährten Lebensstilmaßnahmen – von Ernährung über Bewegung bis Stressabbau – gibt es auch spannende neue Entwicklungen bei blutdrucksenkenden Medikamenten und Therapieformen. Dieser Artikel gibt einen wissenschaftlich fundierten Überblick über aktuelle Erkenntnisse (Stand 2025) und erklärt allgemeinverständlich, was Sie tun können und welche medizinischen Fortschritte Hoffnung machen.

Ernährung und Gewicht: Mit Lebensstil gegen den hohen Blutdruck

Eine gesunde Lebensweise ist die Grundlage der Blutdrucktherapie – darin sind sich Experten einig. Besonders die Ernährung spielt eine zentrale Rolle. Ein hoher Salzkonsum etwa treibt bei vielen Menschen den Blutdruck nach oben und erhöht damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Leiden wie Schlaganfall und Herzinfarkt. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, täglich nicht mehr als 5 Gramm Salz zu sich zu nehmen. Derzeit konsumiert die Bevölkerung in vielen Ländern allerdings deutlich mehr. Studien zeigen einen klaren Nutzen einer Reduktion: So fand eine große Untersuchung 2022 heraus, dass Menschen, die ihr Essen nur selten nachsalzen, ein um 23 % geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen als Personen, die immer nachsalzen. Auch wenn solche Beobachtungsstudien kein direkter Beweis sind, stützen sie die Empfehlung, weniger Salz zu essen – denn mit jedem eingesparten Gramm sinkt langfristig der Blutdruck.

Mindestens ebenso wichtig ist eine insgesamt ausgewogene Kost und das Körpergewicht. Übergewicht zählt zu den Hauptfaktoren für Bluthochdruck. Jedes überflüssige Kilo belastet Gefäße und Herz: Eine Gewichtsabnahme führt dagegen meist zu einer spürbaren Entlastung. In Studien wurde pro 1 kg Gewichtsverlust eine Blutdrucksenkung von etwa 1–2 mmHg beobachtet. Wer es schafft, fünf bis zehn Kilogramm abzunehmen, kann damit den Blutdruck ähnlich stark senken wie ein einzelnes blutdrucksenkendes Medikament. Entsprechend gehört Gewichtsreduktion zu den zentralen Alltagstipps für Hypertoniker. Ärzte raten zudem zu einer obst- und gemüsereichen, kaliumhaltigen Ernährung (z. B. mediterrane Kost) und dazu, Alkohol nur in Maßen zu trinken. Auch das Rauchen aufzuhören lohnt sich – nicht primär wegen des Blutdrucks, aber um das Herz-Kreislauf-Risiko insgesamt deutlich zu senken.

Bewegung und Entspannung: Natürliche Blutdrucksenker nutzen

Regelmäßige körperliche Aktivität ist einer der effektivsten natürlichen Blutdrucksenker. Bewegung wirkt oft ebenso gut wie ein Medikament, wie Vergleichsstudien nahelegen. Dabei muss es nicht gleich Hochleistungssport sein. Schon moderates Ausdauertraining – etwa zügiges Spazierengehen, Radfahren oder Schwimmen an fünf Tagen der Woche – kann den Blutdruck um einige mmHg senken. Fachgesellschaften empfehlen mindestens 150 Minuten Ausdauerbewegung pro Woche oder alternativ 75 Minuten intensivere Aktivität. Ergänzend wirken Kraftübungen positiv. Neuere Forschung hebt insbesondere isometrische Übungen hervor, also statisches Muskelanspannen ohne Bewegung: Ein aktueller Review von 270 Studien ergab, dass z. B. regelmäßiges Wandsitzen (Wall-Sit) oder Unterarmstütz (Plank) den Blutdruck am stärksten senken – im Schnitt um rund 8 mmHg systolisch, mehr als klassisches Ausdauertraining (~4–5 mmHg). Solche Befunde veranlassen Experten zu der Einschätzung, die Bewegungsempfehlungen bei Hypertonie künftig anzupassen. Wichtig bleibt jedoch: Die beste Sportart ist die, die man dauerhaft ausübt – egal ob Spazierengehen, Radfahren, Gymnastik oder Yoga.

Auch Entspannung und Stressabbau können sich messbar auf den Blutdruck auswirken. Anhaltender seelischer Stress trägt oft zu Blutdruckanstiegen bei. Umgekehrt hilft gezielte Entspannung vielen Betroffenen, ihren Blutdruck zu verbessern. Aktuelle Studien belegen etwa die Wirksamkeit von Achtsamkeitstraining. 2022 stellte ein Forscherteam auf einem Kardiologenkongress eine bemerkenswerte Studie vor: 201 Personen mit leicht erhöhtem Blutdruck absolvierten entweder ein spezielles achtwöchiges Achtsamkeitsprogramm (täglich 2,5 Stunden Meditation, Atem- und Konzentrationsübungen) oder dienten als Kontrollgruppe ohne Training. Nach zwei Monaten zeigte sich ein signifikanter Unterschied: In der Achtsamkeitsgruppe war der systolische Blutdruck um durchschnittlich 5,9 mmHg gesunken, während er in der Kontrollgruppe nahezu unverändert bliebtt. Dieser Effekt entspricht etwa dem mancher Medikamente und unterstreicht, dass Entspannungstechniken ein wertvoller Baustein der Blutdrucktherapie sein können. Methoden wie Meditation, Yoga oder Biofeedback sind zwar kein Ersatz für andere Maßnahmen, können aber begleitend helfen, insbesondere bei stressbedingtem Blutdruckanstieg.

Neue blutdrucksenkende Medikamente und Therapieformen

Trotz aller Lebensstilanstrengungen benötigen viele Menschen mit Hypertonie zusätzlich Medikamente, um ihren Blutdruck in den Griff zu bekommen. Die klassische medikamentöse Therapie hat sich in den letzten Jahren kaum verändert: Meist wird mit einer Kombination aus bewährten Wirkstoffklassen behandelt – etwa ACE-Hemmer oder Sartane (die in das Renin-Angiotensin-System eingreifen), dazu Kalziumkanalblocker oder Diuretika. Neuere Leitlinien empfehlen sogar, von Anfang an eine Zweifachkombination in einer Tablette einzusetzen, da dies oft effektiver ist als eine Monotherapie. Dennoch tut sich auch auf dem Gebiet der blutdrucksenkenden Medikamente einiges. Für bestimmte Patientengruppen wurden kürzlich innovative Wirkstoffe in die Therapie aufgenommen: So gilt bei schwer einstellbarem Bluthochdruck mittlerweile der Einsatz eines Kombinationspräparats aus Angiotensin-Rezeptorblocker und Neprilysin-Inhibitor (kurz ARNI) als Option. Dieses Medikament (ursprünglich zur Behandlung von Herzinsuffizienz entwickelt) hat in Studien zusätzlich blutdrucksenkende Effekte gezeigt. Ebenso werden bei Hypertonikern mit Diabetes oder Nierenschäden vermehrt SGLT-2-Hemmer (Gliflozine) eingesetzt – eigentlich Zucker-senkende Medikamente, die aber nachweislich auch den Blutdruck leicht senken und Herz sowie Nieren schützen. Diese Erweiterungen des Arzneischatzes markieren einen Trend zu individualisierteren Therapien: Begleiterkrankungen und besondere Konstellationen werden gezielt berücksichtigt.

Die vielleicht spannendsten Entwicklungen finden jedoch in Form ganz neuer Wirkprinzipien statt, die über die etablierten Arzneimittelklassen hinausgehen. Ein Beispiel ist die Substanz Baxdrostat, die einen neuen pharmakologischen Ansatz verfolgt: Baxdrostat hemmt ein Enzym der Nebennierenrinde (Aldosteronsynthase) und blockiert so die Bildung des blutdrucksteigernden Hormons Aldosteron direkt an der Quelle. In einer 2022 publizierten Phase-II-Studie mit 248 Patienten, deren Bluthochdruck trotz Dreifachtherapie nicht ausreichend kontrolliert war, erzielte Baxdrostat beeindruckende Resultate. Je nach Dosierung sank der systolische Blutdruck zusätzlich um durchschnittlich 12,1; 17,5 bzw. 20,3 mmHg, während ein Scheinmedikament (Placebo) nur 9,4 mmHg Senkung bewirkte. Mit anderen Worten: Baxdrostat erzielte in dieser Studie rund 11 mmHg mehr Blutdrucksenkung als Placebo – ein großer Schritt für therapieresistente Patienten. Bemerkenswert ist, dass Baxdrostat gezielt die Aldosteronproduktion drosselt, ohne das ähnliche Enzym für Cortisol zu blockieren, was früher ein Problem bei der Entwicklung solcher Wirkstoffe war.

Ein weiterer hochinnovativer Ansatz ist die sogenannte RNA-Interferenz-Therapie. Hierbei wird nicht ein klassischer Wirkstoff verabreicht, sondern ein kleines Stück RNA, das ein blutdruckrelevantes Gen vorübergehend „stumm schaltet“. Der erste Vertreter dieser neuen Klasse heißt Zilebesiran. Dieses Mittel nutzt small interfering RNA (siRNA), um in der Leber die Produktion von Angiotensinogen zu hemmen – dem Ausgangsprotein, aus dem der Körper letztlich das blutdrucksteigernde Angiotensin II bildet. Zilebesiran wird per Spritze verabreicht und entfaltet eine äußerst langanhaltende Wirkung. 2023 wurden die Ergebnisse der Phase-II-Studie KARDIA-2 veröffentlicht, an der fast 1.500 Patienten mit unkontrolliertem Bluthochdruck teilnahmen. Das Resultat: Zilebesiran senkte den Blutdruck deutlich und anhaltend. In Kombination mit dem Diuretikum Indapamid sank der systolische Wert durch Zilebesiran im Schnitt um weitere 12,1 mmHg im Vergleich zu Placebo, unter dem Kalziumantagonisten Amlodipin um 9,7 mmHg und unter dem Sartan Olmesartan um 4,5 mmHg. Diese zusätzlichen Effekte hielten über den gesamten 6-Monats-Zeitraum nahezu stabil an Zwar traten unter Zilebesiran etwas häufiger Nebenwirkungen wie lokale Reaktionen an der Einstichstelle auf, doch waren sie überwiegend mild und vorübergehend. Die Studienautoren ziehen ein positives Fazit: Zilebesiran habe das Potenzial, in Kombination mit üblichen blutdrucksenkenden Tabletten eine gut verträgliche und vor allem langanhaltende Blutdruckkontrolle zu ermöglichen. Besonders die lange Wirkdauer – vermutlich reichen Injektionen alle paar Monate – macht diesen Ansatz attraktiv, da er das Problem der fehlenden Medikamententreue umgeht. Patienten müssten nicht mehr täglich an Tabletten denken; das Arzneimittel wirkt „im Hintergrund“ dauerhaft weiter. Ob Zilebesiran tatsächlich hält, was die Studien versprechen, müssen noch laufende größere Studien zeigen. Doch die bisherigen Daten gelten als vielversprechend.

Neben neuen Medikamenten rücken auch nicht-medikamentöse Hightech-Therapien ins Blickfeld. Ein Beispiel ist die renale Denervation – ein minimal-invasiver Kathetereingriff, bei dem bestimmte Nervenfasern in den Nierenarterien verödet werden. Diese Nerven tragen zur Blutdruckregulation bei; durch ihre Ausschaltung hofft man, einen dauerhaft blutdrucksenkenden Effekt zu erzielen. Die renale Denervation wurde bereits vor rund zehn Jahren erforscht, anfangs mit wechselhaftem Erfolg. Neuere, streng kontrollierte Studien liefern jedoch konsistente Evidenz, dass die Methode tatsächlich wirkt – wenn auch moderat. So zeigten drei aktuelle randomisierte Studien (RADIANCE-HTN-Programm), dass ein Ultraschall-Verfahren zur Nierennerven-Ablation den Blutdruck von Patienten mit Hypertonie signifikant stärker senkte als eine Scheinbehandlung. In einer Auswertung über sechs Monate lag der systolische 24-Stunden-Blutdruck im Schnitt um etwa 3–5 mmHg niedriger bei den denervierten Patienten als in der Kontrollgruppe. Dieser Unterschied mag auf den ersten Blick bescheiden erscheinen, doch er blieb erhalten, obwohl die Kontrollgruppe im Verlauf mehr zusätzliche Medikamente benötigt hatte. Wichtig ist: Die Denervation kommt vor allem für Patienten in Frage, bei denen herkömmliche Maßnahmen versagen oder die Medikamente nicht vertragen. Für sie könnte der Eingriff eine wertvolle Option werden, zumal erste Langzeitdaten eine anhaltende Wirksamkeit über mehrere Jahre andeuten. Experten betonen jedoch, dass die Methode kein Ersatz für Medikamente ist, sondern als Ergänzung in Betracht kommt, wenn trotz umfassender Therapie die Werte zu hoch bleiben. Derzeit befindet sich die renale Denervation in der Phase der Zulassungs-Prüfung und noch nicht in der Routine – doch sie steht sinnbildlich für die neuen Wege, die in der Hypertoniebehandlung beschritten werden.

Fazit: Zukunftsperspektiven für eine bessere Blutdruckkontrolle

Bluthochdruck lässt sich heute besser denn je behandeln. Die beste Strategie beruht auf einem zweigleisigen Ansatz: zum einen ein gesundheitsbewusster Lebensstil – die Grundlage jeder Therapie – und zum anderen bei Bedarf moderne Medikamente, die immer zielgerichteter und verträglicher werden. Schon einfache Alltagsmaßnahmen wie salzarme Ernährung, Gewichtsabnahme, regelmäßige Bewegung und Stressreduktion können den Blutdruck messbar senken und die Wirkung von Medikamenten unterstützen. Gelingt es, den Blutdruck in den empfohlenen Zielbereich zu bringen (meist <140/90 mmHg, individuell oft noch niedriger), sinkt das Risiko für Folgeschäden erheblich. Die wissenschaftliche Studienlage der letzten Jahre untermauert diese Empfehlungen und liefert neue Erkenntnisse, wie die Blutdruckkontrolle weiter verbessert werden kann.

Zugleich gibt die medikamentöse Forschung Anlass zur Hoffnung: Innovative Wirkstoffe wie Aldosteron-Synthase-Hemmer (z. B. Baxdrostat) und siRNA-Therapien (z. B. Zilebesiran) zielen auf Mechanismen, die bisher nicht oder nur unvollständig ausgeschöpft wurden, und erzielten in frühen Studien beachtliche Blutdrucksenkungen. Noch ist unklar, ob und wann diese Neuentwicklungen breiten Einzug in die Praxis halten. Aber schon ihre Existenz zeigt: Selbst bei einer so gut erforschten Erkrankung wie Hypertonie gibt es noch Fortschritte zu machen. Zusätzlich ermöglichen technische Ansätze wie die renale Denervation oder digitale Gesundheitsprogramme neue Wege der Unterstützung. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das: Die Chancen, den Blutdruck wirksam zu kontrollieren, wachsen ständig. Wichtig bleibt, gemeinsam mit dem Arzt die individuell passende Strategie zu finden – und vor allem konsequent am Ball zu bleiben. Denn egal ob durch konsequenten Lebensstil oder moderne Medizin: Jeder Millimeter weniger Blutdruck zählt, um Herz, Gehirn, Nieren und Gefäße langfristig gesund zu erhalten.