Laktoseintoleranz: Wann testen – und warum es sich lohnt
Laktoseintoleranz ist häufig, doch nicht jedes Bauchgrummeln nach Milch ist ein Beweis. Testen lohnt bei wiederkehrenden Beschwerden, Unsicherheiten oder drohendem Nährstoffmangel. Welche Tests wirklich aussagekräftig sind – und wie Sie danach pragmatisch essen.
Laktoseintoleranz gehört zu den häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten – und sie ist zugleich eine, bei der sich Betroffene gut selbst helfen können, sofern die Diagnose stimmt. Doch genau hier liegt die Kunst: Nicht jedes Bauchgrummeln nach dem Cappuccino ist Laktoseintoleranz, und nicht jede strenge Milchkarenz ist sinnvoll. Wann also testen?
Typisch sind Beschwerden wie Blähungen, Völlegefühl, krampfartige Bauchschmerzen und dünner Stuhl innerhalb von zwei bis vier Stunden nach dem Verzehr milchzuckerhaltiger Lebensmittel. Häufig treten sie dosisabhängig auf: Ein Espresso mit wenig Milch wird vertragen, ein grosser Milchshake nicht. Bestehen solche Muster über mehrere Wochen, lohnt es sich, genauer hinzuschauen – insbesondere, wenn die Symptome den Alltag einschränken. Ein Test ist auch ratsam, wenn Sie aus Unsicherheit ganze Lebensmittelgruppen meiden. Denn eine unnötig strenge Diät birgt das Risiko, zu wenig Kalzium und Vitamin D aufzunehmen.
Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Ursachen. Das Reizdarmsyndrom kann ähnlich aussehen, ebenso eine Milchproteinallergie (die immunologisch vermittelt ist), Zöliakie oder eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms. Wer ungewollt Gewicht verliert, nachts von Durchfällen geweckt wird, Blut im Stuhl bemerkt oder länger Fieber hat, sollte nicht testen, sondern sich ärztlich abklären lassen.
Der Standard zur Diagnosesicherung ist der Wasserstoff-Atemtest. Nach einer definierten Laktosemenge wird in regelmässigen Abständen der Wasserstoffgehalt der Ausatemluft gemessen. Steigt er deutlich an und treten Beschwerden auf, spricht das für eine Laktosemalabsorption mit klinischer Relevanz. Für ein aussagekräftiges Ergebnis sollten Sie nüchtern erscheinen, am Vortag blähende Speisen meiden, nicht rauchen und in den vier Wochen zuvor möglichst keine Antibiotika eingenommen haben. Grenzen hat der Test bei Menschen, deren Darmbakterien keinen Wasserstoff produzieren, oder bei bakterieller Fehlbesiedlung, die falsch positive Resultate verursachen kann. Alternativ wird in manchen Praxen der Laktose-Glukose-Test im Blut verwendet; er ist weniger verbreitet und störanfälliger. Ein Gentest kann zeigen, ob eine genetisch bedingte „Primärform“ wahrscheinlich ist, sagt aber nichts über die aktuelle Verträglichkeit und ersetzt die Funktionsdiagnostik nicht.
Nicht immer braucht es sofort Hightech. Eine gezielte Eliminations- und Provokationsphase, idealerweise unter fachlicher Anleitung, kann ebenfalls Klarheit bringen: Zwei Wochen streng laktosearm essen, dann in definierten Schritten testen, was und wie viel wieder geht. Dieser Ansatz ist besonders hilfreich, wenn die Beschwerden mild sind oder der Zugang zu Tests erschwert ist.
Spezielle Konstellationen verdienen Aufmerksamkeit. Nach Magen-Darm-Infekten, bei Zöliakie, Morbus Crohn, ausgeprägter Mukositis unter Chemotherapie oder im höheren Alter kann die Laktaseaktivität vorübergehend oder dauerhaft sinken; hier ist ein Test sinnvoll, sobald Beschwerden auftreten. Bei Kindern unter fünf Jahren ist eine genetische Laktoseintoleranz selten; treten nach Infekten Durchfälle auf, steckt oft eine vorübergehende sekundäre Unverträglichkeit dahinter – Abklärung nach pädiatrischer Rücksprache.
Ist die Diagnose gestellt, geht es um Pragmatismus statt Verbote. Viele Betroffene vertragen kleine Mengen, gereifte Käse enthalten kaum Laktose, fermentierte Produkte wie Joghurt werden oft besser akzeptiert, und Laktasepräparate können situativ helfen. Wichtig bleibt die Nährstoffsicherung über kalziumreiche Alternativen. Fazit: Testen Sie, wenn Beschwerden wiederkehrend, belastend oder unklar sind – und lassen Sie sich beraten, um nicht mehr zu verzichten als nötig. So wird aus einer Diagnose kein Dogma, sondern ein Schlüssel zu mehr Lebensqualität.