Schlafapnoe-Risiko: Wer gefährdet ist – und warum Handeln zählt
Schlafapnoe bleibt oft unentdeckt – doch unbehandelt steigt das Risiko für Herzprobleme, Tagesmüdigkeit und gefährliche Unfälle.
Schnarchen gilt oft als harmlos. Doch wenn in der Nacht Atempausen auftreten, steckt dahinter nicht selten eine obstruktive Schlafapnoe – ein Atemwegsverschluss im Schlaf, der den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Herzfrequenz und Blutdruck schnellen hoch, der Schlaf wird zersplittert, die Erholung bleibt aus. Medizinisch spricht man von wiederholten Apnoen und Hypopnoen trotz fortbestehendem Atemantrieb. Das ist mehr als eine nächtliche Unannehmlichkeit: Unbehandelt erhöht die Störung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, beeinträchtigt die Aufmerksamkeit am Tag und kann die Lebensqualität deutlich senken.
Schlafapnoe ist weit verbreitet – und oft unerkannt. Schätzungen zufolge leiden weltweit Hunderte Millionen Erwachsene an einer moderaten bis schweren Form, definiert ab einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von mindestens 15 Ereignissen pro Stunde. Viele Betroffene wissen nichts davon, weil die Symptome nachts auftreten und tagsüber unspezifisch wirken.
Ein Warnsignal ist lautes, unregelmäßiges Schnarchen mit Atemaussetzern, die Partnerinnen oder Partner beobachten. Häufig berichten Betroffene über abruptes Erwachen mit Luftschnappen, morgendliche Kopfschmerzen, trockenen Mund, Konzentrationsschwäche oder ausgeprägte Tagesschläfrigkeit. Das Risiko steigt mit dem Alter und ist bei Männern höher; nach der Menopause holen Frauen auf. Zusätzlich erhöhen Übergewicht und ein großer Halsumfang die Wahrscheinlichkeit, ebenso Alkohol am Abend, sedierende Medikamente, Rauchen, verengte Nasenatmung, eine familiäre Häufung oder bestimmte HNO- und Kieferanatomien. Einfache Fragebögen helfen, die persönliche Gefährdung abzuschätzen. In der Praxis hat sich der STOP-Bang-Fragebogen etabliert: Er fragt nach Schnarchen, Tagesmüdigkeit, beobachteten Atempausen und Bluthochdruck sowie nach Körpermaß (BMI), Alter, Nackenumfang und Geschlecht. Ab drei Punkten gilt das Risiko für eine klinisch relevante Schlafapnoe als erhöht und eine weitere Abklärung ist sinnvoll. Die Diagnose stützt sich auf eine Schlafmessung. Goldstandard ist die nächtliche Polysomnographie im Schlaflabor, bei der Atemfluss, Sauerstoffsättigung, Atembewegungen, Hirnströme, Muskelkontraktionen und Herzaktivität erfasst werden. Für viele erwachsene Patientinnen und Patienten ohne komplizierende Begleiterkrankungen reicht heute auch eine ärztlich verordnete ambulante Messung zu Hause (Home Sleep Apnea Test, HSAT), die Atemfluss, Atempausen und Sauerstoffabfälle zuverlässig dokumentiert. Entscheidend ist am Ende der Apnoe-Hypopnoe-Index: Ein AHI von 5 bis 14 gilt als mild, 15 bis 29 als moderat, ab 30 als schwer – und je höher der Wert, desto größer sind in der Regel Beschwerden und Langzeitrisiken. Schlafapnoe ist kein Randphänomen des Schlafs, sondern ein systemischer Stressor. Wiederholte Sauerstoffschwankungen und Weckreaktionen fördern Entzündungsprozesse, erhöhen den nächtlichen Blutdruck und begünstigen Rhythmusstörungen wie Vorhofflimmern. Studien zeigen Zusammenhänge mit Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit, Herzschwäche und Schlaganfall. Wer unbehandelt bleibt, ist tagsüber schläfriger, reagiert langsamer und hat ein höheres Unfallrisiko – ein Aspekt, der besonders für Berufskraftfahrer relevant ist. Die gute Nachricht: Eine leitliniengerechte Therapie – allen voran die kontinuierliche Überdruckbeatmung (CPAP), bei geeigneter Anatomie auch Unterkiefer-Protrusionsschienen, flankiert von Gewichtsreduktion, Alkohol- und Nikotinkarenz sowie einer optimierten Schlafhygiene – verbessert Schlafqualität und Tagesleistung spürbar und kann kardiovaskuläre Risiken senken. Wer sich in dieser Beschreibung wiederfindet, sollte den Hausarzt oder eine schlafmedizinische Fachstelle ansprechen. In der Schweiz ist die Lungenliga eine niederschwellige Anlaufstelle mit Beratung, Diagnostikpfaden und Therapieunterstützung – auch rund um CPAP. Ein früher Schritt zur Abklärung ist klein, der gesundheitliche Gewinn oft groß. Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Wenn Sie nächtliche Atempausen, ausgeprägtes Schnarchen oder Tagesmüdigkeit beobachten, suchen Sie bitte ärztlichen Rat.